Fühlen

In die Ruhe und Geborgenheit der Höhle scheint Licht.

Verheddert im wirren Zahlen-Netz,

versinkend im unverdaulichen Fakten-Salat,

verliere ich meine Kraft,

fällt es mir schwer zu atmen,

lähmt mich meine Wut.

Ich verstehe nichts.

Ich kann nichts erklären,

obwohl ich es doch können müsste

in dieser Welt des Beherrschens.

Verwoben im Netz der abenteuerlichen Vielfalt,

getragen vom Meer der reinen Empfindungen,

finde ich meine Macht,

kann ich frei atmen,

bewegt mich meine Freude.

Ich verstehe alles.

Ich kann fühlen,

weil ich nichts erklären können muss

in dieser Welt des Seins.

Oma-Wissen

Purpurnes Leuchten im Wintergrau

Das Alpenveilchen mochte ich nicht. Auf der Fensterbank hinter Spitzengardinen neben der Eichenschrankwand platziert, war es der Inbegriff der Spießigkeit für mich. Dann kaufte ich einer alten Blumenfrau aus unerfindlichen Gründen ein Exemplar ab. Es steht draußen und beginnt zu blühen, wenn sonst nichts mehr wachsen will. Die herzförmigen Blätter und die fast außerirdisch purpur leuchtenden Blüten erfreuen mich schon den zweiten Winter. Am Ende des ersten wollte ich die Pflanze entsorgen. Doch sie ließ sich nicht aus dem Blumenkasten nehmen. Nun bleibt sie, bis sie selbst gehen will und lehrt mich vorurteilslose Achtsamkeit.

Jetzt weiß ich, warum sich die Pflanze nicht einfach ausreißen lässt. Saubrot wird sie auch genannt, weil Wildschweine die Knolle mögen. Für die Schweine ist die Pflanze ungiftig, für uns Menschen schon in kleinen Mengen tödlich. Das liegt an den enthaltenen Saponinen, die gering dosiert große Heilwirkung besitzen. In homöopatischer Verdünnung werden sie bei starken Kopfschmerzen, Migräne, Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt. Es ist kein Wunder, dass meine Omas das Alpenveilchen liebten. Es ist eine Frauenpflanze, eine große Helferin bei Beschwerden rund um die Menstruation. Mir hilft sie, ein einschränkendes Denkmuster zu erkennen. Spießig ist das Alpenveilchen beileibe nicht.

Visionen nähren

Im Zwitschern der Vögel löst sich die eisige Stille auf. Die Raunacht-Träume verweben sich mit dem Tun und Fühlen im Alltag. Mit den Geschenken der Zeit zwischen den Jahren im Gepäck können wir achtsam und respektvoll beginnen, unsere Visionen für uns und für die Welt in der unterstützenden Geborgenheit von Mutter Erde zu nähren. Die Neumondin lädt ein zu tiefer Heilung und Veränderung.

Die Erde ist freundlich

Das Leben ist Beziehung: die des Ahorns zu den Schneeflocken, die sich in den Zweigen sammeln, die des Gimpels zu der Brennnessel, von der er die Samen pickt, die von mir zu dem Winterwind, der sanft auf meine Wangen sticht. Das Leben ist Austausch: zwischen Mensch und Mensch, Tieren und Pflanzen, Sternen und Steinen, Viren und Bakterien und aller untereinander. Das Leben ist Schenken und Beschenkt werden: aller für alle, jede für jeden. Erde und Universum sind freundlich und freigiebig. Wir als Teil davon eigentlich auch.

Die Dunkelheit um das Licht

Mit dem sanften, hoffnungsvollen Wintersonnwendlicht gehen wir in die Zeit zwischen den Jahren. Es ist eine geschenkte Zeit, die dankbar beachtet werden will. Denn jetzt, da wir wissen, dass das Licht wieder wachsen wird, um Visionen, Projekte, schlicht das Leben zu nähren, meldet sich noch einmal die Dunkelheit und schickt ihre wilden Geister aus. Vor ihnen davonzulaufen ist keine gute Idee, still zu werden, nichts zu tun, nach innen zu lauschen dagegen schon. Die Raunächte, entstanden aus der Differenz zwischen Mond- und Sonnenjahr, öffnen uns das Fenster zu einer verwirrenden, pulsierenden, schöpferischen Anderswelt, in der wir das Neue träumend planen können.

Die ungezähmten Kräfte in uns und um uns herum wollen es dabei genau wissen: Wer bist du? Was trägt dich? Für was willst du stehen und wirken? Was bist du bereit zu geben – für dich, die Gemeinschaft, die Erde? Was kannst du nehmen vom reichen Schatz des Universums? Welches sind deine Ängste, und gibst du ihnen den gebührenden Platz, damit sie nicht übermächtig werden? Die wilden Geister rütteln dich wach fürs neue Jahr und ziehen mit lautem Getöse weiter. Du hast nichts zu fürchten. Das Licht braucht die Dunkelheit, um zu leuchten.

Die Raunächte beginnen üblicherweise mit der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember und enden am 6. Januar. Es sind Orakelnächte und -tage, in denen du auf Zeichen in der Natur, besondere Vorkommnisse und deine Träume achten kannst. Eine Möglichkeit ist, für jede Nacht eine Tarotkarte zu ziehen, entweder für bestimmte Fragen, die dich bewegen oder für die nächsten zwölf Monate und die dreizehnte als Karte für das gesamte Jahr oder den Übergang ins kommende. Ein Raunächte-Tagebuch kann dich gut durchs Jahr begleiten.

Die Raunächte sind auch eine gute Zeit zum Räuchern, vielleicht hat das Wort sogar hier seinen Ursprung. Mit dem Räuchern können wir Altes, Belastendes, nicht mehr Notwendiges loslassen, um frei zu werden für Neues. Das Räuchern im Winter ist zudem eine Möglichkeit, sich mit den Kräften und Qualitäten der Pflanzen zu verbinden, wenn sich die Natur im Außen zurückgezogen hat.

Heilung erträumen

Jupiter und Saturn kommen sich näher

Wir sind eingebunden in ein für(uns)sorgendes Universum. Dem Mysterium von Sonne, Mond, Erde und Sterne können wir uns vertrauensvoll hingeben, sodass endlich Heilung tiefer Wunden geschehen kann. Die Natur schlägt den Rhythmus und singt die Lieder abseits von gut und böse, falsch und richtig. Das Abenteuer des wildweisen Seins beginnt in unseren kühnsten Träumen.

Susann von Wolff schreibt in ihrer aktuellen Zeitqualität über die Herausforderungen und Chancen der besonderen astrologischen Konstellation der kommenden Tage, die in die nahe Zukunft wirken wird.

Weg der Besinnung

Natürliche Beleuchtung: Wassertropfen an Pflanzensamen im Sonnenlicht.

Besinnlich, Besinnung, zur Besinnung kommen: Spielen mit Worten kann den Blick über Beschränkungen hinaus weiten. Das erzwungene Zur-Ruhe-Kommen fällt in eine Zeit, in der die kreativen Kräfte sowieso im Inneren, im Verborgenen schlummern, bald angestrahlt von einem kleinen Lichtlein, das die Macht hat, den Weg zu erhellen – den Weg der Besinnung, auf dem offenbar werden kann, was wirklich zählt, also was Sinn hat im jeweiligen Leben. So lässt sich be-sinnlich erkennen, was war, was ist und was sein wird. Tarot-Karten sind dabei nützliche Helferinnen. Und Gespenster, bekannte und unbekannte, die aus dem Dunkeln emporsteigen mögen, dürfen in den Arm genommen werden.

Hinabtauchen und aufstehen

Göttinnen-Graffiti

Die schwarze Göttin, gekrönt mit dem silbern-funkelnden Mondinnen-Zauberhut, lädt mich freundlich-bestimmt ein, hinabzutauchen in den Brunnen meiner Kraftquellen. Sie ruft mir hinterher, meine in sich öffnenden Muscheln ruhende Perlen zu finden und sie aufzufädeln auf eine goldene Schnur. Sie hilft mir, aufzutauchen, mich vorsichtig aufzurichten, die bunte Kette anzulegen und in meiner Schönheit für die Erde zu stehen.

Heimat(en)

Der Flug der Kraniche

11.11. Verwandlung

vollzieht sich im Stillen.

Ich schmücke mich mit fremd-vertrauten Federn.

Lasse mich im Kranichgewand von der Windin tragen.

Verkünde wehmütig meine Reise

ins glitzernde Land der Herzens-Wärme.

Begleitet von meiner großen Familie.

Im Vertrauen folgend.

Im Wissen führend.

Ich fliege im freien Flug zu den Sternen.

Kehre zurück.

Lasse mich im Menschengewand von der Erde tragen.

Wurzel der Ahnen

In einer langen Reihe stehen die Ahnen hinter mir. Meine Eltern, meine Großmütter und meine Großväter… die Namen verblassen, die Gesichter verschwimmen, die Linie windet sich hinein in mythische Zeiten. Sie verwandelt sich in eine mächtige Wurzel in die Erde, sie hält mich und sie erinnert mich. Ihre Liebe und ihre Weisheit sind grenzenlos – bei allem Schmerz, bei allem Leid. Trauer und Freude vereinen sich in einem behutsamen Tanz von Tod und Leben. Im Dunkeln schicken winzige Funken ihr Licht durch die Schleiher von Tränen und Wut. Die Ahnen führen mich ins Land ihrer Träume. Sie kennen den Weg ins Land meiner Seele. Sie wissen um ihre und meine Natur, die ich mehr und mehr er-ahnen kann.