Stehen bleiben

Ich flüchte zu der alten Esche, meiner treuen weisen Ratgeberinnen. Der Wunsch nach Innehalten prallt gegen die vermeintlichen Zwänge des Berufs- und Konsumalltags, die Sehnsucht nach Besinnlichkeit kämpft gegen das kalte Flimmern der Elektro-Kerzen, die eigenen Bedürfnisse streiten mit denen der anderen. Alles scheint zu rasen. Der Baum bleibt stehen.

Völlig verwirrt in der allgemeinen Verwirrung bitte ich um einen Hinweis, eine Handlungsempfehlung. Schau, was ist, bevor du dich darin verlierst, was werden könnte, höre ich. Ich setze mich auf eine der Wurzeln und lehne mich an den Stamm. Ich atme tief ein und erleichtert aus. Allein aus dem Sein entsteht Veränderung.

Ein Lichtlein brennt

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für die Erde, tief flüsternd,
Lass dich fallen
in den Schoß des Vertrauens.

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für das Feuer, zärtlich knisternd,
Lass dich berühren
vom Herzen der Welt.

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für das Wasser, sanft plätschernd,
Lass dich tragen
vom Fluss des Lebens.

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für die Windin, leise pfeifend,
Lass dich erinnern
an den Zauber des Werdens…

…aus der Dunkelheit

Dem Winter davonrennen

Die Schleiher sind verwirrend dünn in der Zeit rund um den November-Neumond. Das Licht will sich zurückziehen, die Dunkelheit meldet sich mit Macht. Es fällt schwer, diesen unglaublichen Sommer zu verabschieden mit all der Sonne, den unbeschwerten Tagen draußen, dem flirrenden Treiben, dem ausgelassenen Feiern. Nein, noch ein bisschen Wärme, noch ein bisschen Helligkeit, noch ein bisschen Laub an den Bäumen. Die Toten, die Ahnen kichern: Daraus wird nichts. Was nicht sterben will, kann nicht weiterleben. Wer den Schatten fürchtet, den verbrennt das Licht. Ach, was! Nur noch ein bisschen über die Wiesen dem Winter davonrennen! Die Ahnen rufen: Daraus wird nichts. Ja, natürlich, rufen wir zurück. Ja, aber nein. Jetzt noch nicht. Die Ahnen verlieren die Geduld: Wenn ihr schon nicht selbst still schweigen könnt, lasst wenigstens den Samen des Neuen ihre Winterruhe! Und wenn ihr doch noch Ruhe findet, um euch selbst zuzuhören – umso besser.