Herbst-Dämmerung

Teppich aus Laub

modrig-bunt

Ich fliege dahin

mit den Wind-Geistern

in der Dämmerung

Meine Füße stapfen

in die Erde

Ich schlängle mich

wie besoffen

Die verrückte Alte

untergehakt

fauchend, wispernd, grunzend

Ein Schatten

im Mondsichel-Licht

Spinnen-Netze weben

Einmal sah ein kleiner Junge eine große Spinne ihr Netz weben. Die seidenen Fäden schwangen mit dem Wind, Tautropfen, wie Diamanten glänzend, schwebten vor dem blauen Herbsthimmel. Mit leuchtenden Augen griff der Junge nach dem Netz. Das Gewebe blieb an seinen Fingern haften, die Spinne fiel zu Boden. Erschrocken verharrte der Junge. Die Spinne kletterte unbemerkt an seinem Bein hinauf über den Rücken bis auf seinen Kopf. Dann schoss sie einen hauchdünnen Faden in die Luft, flog weit, landete auf einem Ast und begann ein neues Netz zu spinnen.

Hinabtauchen und aufstehen

Göttinnen-Graffiti

Die schwarze Göttin, gekrönt mit dem silbern-funkelnden Mondinnen-Zauberhut, lädt mich freundlich-bestimmt ein, hinabzutauchen in den Brunnen meiner Kraftquellen. Sie ruft mir hinterher, meine in sich öffnenden Muscheln ruhende Perlen zu finden und sie aufzufädeln auf eine goldene Schnur. Sie hilft mir, aufzutauchen, mich vorsichtig aufzurichten, die bunte Kette anzulegen und in meiner Schönheit für die Erde zu stehen.

Heimat(en)

Der Flug der Kraniche

11.11. Verwandlung

vollzieht sich im Stillen.

Ich schmücke mich mit fremd-vertrauten Federn.

Lasse mich im Kranichgewand von der Windin tragen.

Verkünde wehmütig meine Reise

ins glitzernde Land der Herzens-Wärme.

Begleitet von meiner großen Familie.

Im Vertrauen folgend.

Im Wissen führend.

Ich fliege im freien Flug zu den Sternen.

Kehre zurück.

Lasse mich im Menschengewand von der Erde tragen.

Wurzel der Ahnen

In einer langen Reihe stehen die Ahnen hinter mir. Meine Eltern, meine Großmütter und meine Großväter… die Namen verblassen, die Gesichter verschwimmen, die Linie windet sich hinein in mythische Zeiten. Sie verwandelt sich in eine mächtige Wurzel in die Erde, sie hält mich und sie erinnert mich. Ihre Liebe und ihre Weisheit sind grenzenlos – bei allem Schmerz, bei allem Leid. Trauer und Freude vereinen sich in einem behutsamen Tanz von Tod und Leben. Im Dunkeln schicken winzige Funken ihr Licht durch die Schleiher von Tränen und Wut. Die Ahnen führen mich ins Land ihrer Träume. Sie kennen den Weg ins Land meiner Seele. Sie wissen um ihre und meine Natur, die ich mehr und mehr er-ahnen kann.

Gesetzeswiese

Den Überblick behalten

Es gibt so viele Wahrheiten wie es Menschen gibt, und es gibt ein einziges Gesetzeswerk, das unumstößlich ist: das der Erde inmitten eines für uns unüberschaubaren Universums. Geflüchtet vor Angst in den Rausch des kontrollierenden Machens mag es banal klingen: aus dem Kreislauf des Werdens, Seins und Vergehens werden wir uns bei allen Science-Fiction-Fantasien nicht herauskatapultieren können. Und wenn wir es versuchen, bezahlen wir mit unserer Seele. Davon erzählen tausende Geschichten.

Die Krähen, sagen die Schamaninnen und Schamanen, kennen und hüten die Heiligen Gesetze. Sie treffen sich zum großen Palaver in den Buchen, auf Dachspitzen sitzen sie hoch oben still und wach, im Park verstreuen sie den Wohlstands-Verpackungsmüll, ihre Rufe sind Begleiter durch den Tag. Sie nerven, bis sie gehört werden. „Beachtet die Heiligen Gesetze!“ Dir selbst und deiner Verbindungen bewusst, bietet diese Gesetzeswiese dir ein kreisrundes Spielfeld voller wieder zu erinnernder Möglichkeiten.

Herbst-Neu-Mondin

Sich an den Geschenken des Lebens freuen, ist ein starker Schutz fürs Immunsystem

Das Eichhörnchen flitzt über die Straße,

die Sittiche schütteln uns die letzten Walnüsse vom Baum.

Frau Mondin verschwindet

und webt im Dunklen feine Schutzhemden

für die Herzen, die sich ihr öffnen.

Für die anderen ebenso.

Die Erde zieht sich zurück

und braut in ihrem unsichtbaren Kessel

den Zaubertrank für das, was wachsen will.

Es ist Herbst.

Zeit, das Neue zu erträumen.

Licht (auf-)bewahren

Die Königskerze sendet immer noch kleine Lichtstrahlen

Die Königskerze vor meinem Fenster ist eine Überlebenskünstlerin. Scheinbar längst verblüht, sprießen auch jetzt noch immer wieder neue gelbe Blüten aus ihrem Stängel. Sie verströmt ihr inneres Licht über den Sommer hinaus. Ich sehe ihre Leuchtkraft und denke an die Geschichte von Frederick, der Sonnenstrahlen, Farben und Worte sammelt. Die Feldmaus legt einen ganz besonderen Vorrat für den Winter an. Mit dem Licht, das Frederick (auf-)bewahrt, nährt und wärmt er die Herzen an trüben und kalten Tagen.

Das tut auch die Königskerze. Sie hilft zudem, wenn die eigene Stimme abhanden kommt und das innere Licht vom äußeren Nebel verschluckt zu werden droht. Auch die eigenen Farben wollen in die dunkle Zeit mitgenommen werden.

Gedankenleer

Mit der Natur spielen

Ich rase am Morgen in Eile mit dem Rad durch die Roßkastanienallee, vor mir knallen die Früchte der hohen Bäume auf den staubigen Boden, ich weiche ihnen erst aus und halte schließlich an. Die frisch gefallenen Kastanien leuchten im frühen Sonnenlicht, an einem dieser magischen Tage, an denen der Sommer dem Herbst die Hand reicht. Ich hebe eine Kastanie auf, kugele sie in meiner Handfläche. Die glatte Schale ist geschmeidig, ich bücke mich zur nächsten Frucht. Nach einer Weile, gedankenleer aus der messbaren Zeit gefallen, berühre ich im Spiel mit der Natur meine eigene Natur. Leicht und froh steige ich wieder aufs Fahrrad und bin offen für das, was mir der Tag noch schenken mag.