Stürmische Zeiten

Wind-Drache

Die Winde zerren an den Gliedern, Schneegraupel stechen ins Gesicht, Regen peitscht um die Ohren, Äste fallen vor die Füße, längst vergessene Herbstblätter verfangen sich in den Haaren: Die freundliche Frühlingsgöttin schickt ihre stürmische Schwester voraus. Die kennt keinen Schlaf und keinen Spaß. Sie packt uns heftig und schüttelt uns durch. Die Kräfte der Natur wollen gehört werden. Wenn ihre leisen Mahnungen nicht wahrgenommen werden, dann erschüttern sie den Alltag eben gewaltig und zeigen so ihre Macht. Stürme fegen im Außen wie im Inneren durchs Leben. Um nicht von einem wütend fallenden Baum erschlagen zu werden, gehe ich ins Haus zurück. Halte (mich) inne(n auf).

Baum-Drache

Uralte Visionen

Schnee-Gestalten

Der Schnee knarzt unter meinen Füßen wie der Boden einer abgelaufenen Holztreppe. Gerade frisch gefallen, erinnert er mich an etwas Uraltes. Schnee ist immer anders und immer Schnee. Nicht derselbe, doch sehr ähnlich dem vor einer Woche, im letzten Winter. Das vermeintlich Neue enthält das Vergangene, wie das Junge im Alten präsent ist. So werden auch unsere Visionen von dem geprägt, was war wie von dem, was wir uns wünschen – und auch das ist schon irgendwann einmal gewesen. Vielleicht sind Visionen ja Erinnerungen an etwas, was wieder ins Leben geholt werden will.

Halt, um den Nebel auszuhalten

Oft kommen die Visionen im Schlaf – wie bei der Priesterin im Tempelschlaf aus dem Hypogäum von Malta

Die Visionen tun sich manchmal schwer, aus dem Nebel ins Mondsichel-Licht zu treten. Bevor sie selbst klar werden, wollen sie noch ein paar Fragen geklärt wissen: Wer bist du zurzeit? Wozu bist du bereit? Welches sind deine Ängste? Um mich bei den Antworten nicht im Nebel zu verlieren, suche ich nach festen Wurzeln. Die sind dort, wo ich mich zuhause fühle – in diesem Fall sehr weit unten oder ganz weit oben. Ich verbinde mich mit der Feuer-Energie der Erde und mit dem Licht meiner Sternenfamilie. Die beiden Kräfte geben mir Selbst-Vertrauen, sie helfen mir, meine Möglichkeiten und meine Grenzen zu sehen. Wenn ich Halt habe, lässt sich der Nebel aushalten. Und irgendwann löst er sich auf.

Bilder für den Raum des Lebens

Eine Vision ist ein Bild, dass wir uns machen – im Kopf, im Herzen, besonders im Bauch. Skizzenhaft, zart angedeutet, sehr schutzbedürftig. Das Visionen-Finden kann ganz wunderbar den Winterblues besänftigen. Mal dir nicht gleich aus, die Welt zu retten. Für die kleinen Bilder findet sich eher ein Platz im Raum des eigenen Lebens.

Imbolc, Lichtmess wird Anfang Februar gefeiert, zu einer Zeit, in der die Kräfte des Eises das Land erstarren lassen. Doch im Inneren, im Bauch – genau das heißt Imbolc – sicher geborgen regt sich schon ein Feuerfunke der Vision und Inspiration. Und den größten Pessimisten mögen die vorwitzigen Haselkätzchen ins Auge fallen. Bereits im vergangenen Spätsommer sind sie erschienen, um ein Versprechen zu machen: Das neue Leben ist nicht aufzuhalten. Im winterlichen Februar werden sie zu blühen beginnen.

Lass deine Visionen für die helle Zeit aufsteigen – für dich, für deine Familie und Freunde, für die Welt. Sie haben nichts zu tun mit selbstkasteienden Vorsätzen fürs neue Jahr, sie sind schöne Träume, die mit Unterstützung von Helferinnen und Helfern auf vielen Ebenen Wirklichkeit werden können. Mit Leichtigkeit und Freude, aber auch mit Entschiedenheit und Respekt wollen sie genährt und auf die Erde gebracht werden.

Farbtupfer im Wintergrau

Mit Krähen-Kraft ins neue Jahr

Mit gezücktem Schwert rennt ein Mensch wütend gegen eine Steinmauer. Zwei Krähen, auf einem Baumstamm oben auf der Mauer balancierend, schauen ihm amüsiert zu. Im neuen Jahr möchte ich immer öfter wie eine dieser Krähen die Welt betrachten.

Das Bild gehört zu einem Tarotset. Die Mauer hat sich der Mensch selbst geschaffen und fühlt sich nun gefangen. Er versucht, zu entkommen – mit Mitteln, die ihn vermutlich eher zerstören als dass er die Mauer einschlagen könnte. Ein Teil der Schwerter liegt schon zerbrochen am Boden. Der Mensch verliert im Kampf seine Kraft und erreicht nichts. Würde er einmal von seinem Anrennen ablassen, könnte sich ein Fenster auftun. Oder die Krähen ließen den Baumstamm hinuntergleiten, sodass der Mensch auf ihm nach oben und hinaus klettern könnte.

Die Krähen kennen die Verhältnisse in der Gefangenschaft, und sie sehen die Möglichkeiten außerhalb. Sie hüten als mächtige Krafttiere die Gesetze des Universums und sie wissen, wenn unser Handeln nicht mehr im Gleichgewicht ist mit diesen Gesetzen. Die Krähen-Kraft hilft uns dabei zu erkennen, wo wir nicht mehr so weitermachen können wie bisher, wo etwas im Argen liegt. Die Vögel verschaffen sich einfach einen Überblick und schauen, welche neuen Wege jenseits der Mauern gegangen werden können. Sie sind wach, kreativ und sehr humorvoll.

Ein Lichtlein brennt

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für die Erde, tief flüsternd,
Lass dich fallen
in den Schoß des Vertrauens.

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für das Feuer, zärtlich knisternd,
Lass dich berühren
vom Herzen der Welt.

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für das Wasser, sanft plätschernd,
Lass dich tragen
vom Fluss des Lebens.

Advent, dunkle Zeit, ein Lichtlein brennt.
Es ist für die Windin, leise pfeifend,
Lass dich erinnern
an den Zauber des Werdens…

…aus der Dunkelheit

Dem Winter davonrennen

Die Schleiher sind verwirrend dünn in der Zeit rund um den November-Neumond. Das Licht will sich zurückziehen, die Dunkelheit meldet sich mit Macht. Es fällt schwer, diesen unglaublichen Sommer zu verabschieden mit all der Sonne, den unbeschwerten Tagen draußen, dem flirrenden Treiben, dem ausgelassenen Feiern. Nein, noch ein bisschen Wärme, noch ein bisschen Helligkeit, noch ein bisschen Laub an den Bäumen. Die Toten, die Ahnen kichern: Daraus wird nichts. Was nicht sterben will, kann nicht weiterleben. Wer den Schatten fürchtet, den verbrennt das Licht. Ach, was! Nur noch ein bisschen über die Wiesen dem Winter davonrennen! Die Ahnen rufen: Daraus wird nichts. Ja, natürlich, rufen wir zurück. Ja, aber nein. Jetzt noch nicht. Die Ahnen verlieren die Geduld: Wenn ihr schon nicht selbst still schweigen könnt, lasst wenigstens den Samen des Neuen ihre Winterruhe! Und wenn ihr doch noch Ruhe findet, um euch selbst zuzuhören – umso besser.