Den Bauch voll frischer Wildkräuter und zartgrüner Blätter saß einmal vor langer Zeit in einer klaren Nacht eine junge Häsin auf den Hinterläufen und sah hinauf zur Frühlings-Vollmondin. Ihre ersten acht Kinder hatten das Nest verlassen, und sie war voller Unternehmungslust. Nur fehlte ein passendes Abenteuer. Die Häsin seufzte, wandte sich um und wollte schon weiterhoppeln, da umfing sie ein sehr helles Strahlen. Sie drehte ihre Augen um 360 Grad. Die Mondin schien näher denn je, und irgendwie war’s der jungen Häsin, als ob auf dem leuchtenden Planeten eine Artgenossin liegen würde. Sie spürte einen geheimnisvollen unwiderstehlichen Sog, schlug einen Haken in Richtung Mondin und schnellte mit einem unglaublichen Satz zu den Sternen.
Mit einem Dreifach-Purzelbaum landete die Häsin auf dem Mond. Sie setzte sich auf und lauschte. Sie spitzte ihre langen Ohren, mit denen ihr auf der Erde nicht das kleinste Geräusch entging, und hörte…nichts. Es war vollkommen still. Und doch sprach die Mondin auf eine ganz eigene Weise mit ihr. Das Herz der jungen Häsin schlug in einem eigentümlich anderen Rhythmus, und sie fühlte ihr Blut sanft durch ihren Körper fließen. In ihrem Kopf tauchten unvermutet Bilder wie im Traum auf. Die junge Häsin ließ sich von ihnen leiten. Sie fand eine Stelle, die bedeckt war mit einem tiefroten Pulver. Sie füllte ihre Backen damit, hoppelte noch einmal eine Runde über diesen ruhigen, steinigen Planeten und sprang mit einem riesigen Satz in die Weite des Weltalls.
Mit lautem Getöse fiel die Häsin auf die Erde zurück. Sie durchbrach das morsche Dach eines Hühnerstalls und plumpste direkt in ein großes Nest mit frisch gelegten Eiern. Stöhnend öffnete sie den Mund, ohne an den Inhalt zu denken. Das rote Mond-Pulver, nun vermischt mit ihrem Speichel, ergoß sich über die Eier. Aufgeschreckt vom Lärm, kam die Bäuerin in den Stall gerannt. Da schoss die junge Häsin wie ein Blitz zwischen ihren Beinen nach draußen. Die Frau staunte nicht schlecht, als sie sah, was sich im Stroh befand: natürlich Eier, doch von einer tiefrot leuchtenden Farbe, wie sie sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte.
Die Frau legte die Eier, 13 an der Zahl, vorsichtig in ein Weidenkörbchen. Als sie aus dem Stall trat, blickte sie zum frühmorgendlichen Himmel hinauf. Die Vollmondin stand orange mit roten Sprenkeln über ihr. Die Bäuerin sah in den Korb und wieder verwundert hinauf. Wie von einer unsichtbaren Kraft geführt, ging sie in die Küche, setzte einen Topf Wasser auf und kochte die Eier darin. Dann kleidete sie eine ihrer schönsten Schalen mit Moos aus und legte die roten Eier hinein. Kaum das sie fertig war, kamen ihre Kinder die Treppe heruntergerannt. Gebannt starrten sie in die Schale. Ihr Jüngster sah die Mutter fragend an. Die sprach lächelnd: „Die Eier hat uns eine Häsin zu Ostern gebracht.“
Karneval fällt aus! Was?, faucht die Närrin. Mit wehendem Lappenrock und rasselnder Kappe tanzt sie vor mir. Ausgerechnet jetzt willst du vergessen, dass du wild, frei und schamlos sein kannst, dass du aus dem großen Farbkessel der Verwandlungskunst schöpfen kannst, in dieser Zeit, in der das kreative Chaos regiert? So hole ich also meine Kostüme hervor, will werden zur Hexe, die ausgelassen zwischen den Welten tanzt, zum Eichhörnchen, das zwischen Himmel und Erde springt, zu meinem verrückten Ich, das sich keine Grenzen setzt. Pfeif auf die klugen Sprüche, lache über die ängstlichen Bedenken, vergiss die finsteren Prophezeiungen, ab Weiberfastnacht gilt das Gesetz der Närrin. Mit ihrer Kraft kannst du dich ausprobieren, jenseits einschränkender Vorstellungen.
Die Närrin verbindet uns spielerisch und leicht, auch ohne dass wir es merken, mit dem großen Ganzen. An der Schwelle zur wieder erwachenden Natur erinnert sie uns an eine Zeit der übersprudelnden Fülle ohne Furcht und Zweifel, ganz im Vertrauen und ruft dir zu: Trau dich, tanze, singe – auch wenn du allein sein und auf Abstand bleiben willst. Sei lichtvoll und lebendig!
Was bei all dem bierseligen Schunkeln, den Jecken in Parade-Uniformen und dem steifen Sitzungskarneval aus dem Blick gerät: An Weiberfastnacht holen sich die Frauen die Macht zurück. Im Ursprung feiern wir an den tollen Tagen Mutter Erde, ihre und unsere Natur, schöpferisch, versorgend, erschaffend, sinnlich, nährend, liebend, verwandelnd.
Weiberfastnacht und die folgenden Karnevalstage sind dieses Jahr getragen von einer besonderen Zeitqualität. Am Donnerstag ist Neumondin im Wassermann. Du kannst dich also wirklich wie die Närrin der Leere mit allen darin enthaltenen Möglichkeiten hingeben, der Weisheit des Anfangs erinnern und deiner Vision jeden erdenklichen Raum geben. Mit der wiederkehrenden Mondsichel werden sich deine Träume in winzigen Lichtfunken auf der Erde verbreiten. Und Brigid, die Göttin der Inspiration, schickt dich in den bald beginnenden Frühling, um mit deiner Vision die Samen der Veränderung zu setzen.
Im Zwitschern der Vögel löst sich die eisige Stille auf. Die Raunacht-Träume verweben sich mit dem Tun und Fühlen im Alltag. Mit den Geschenken der Zeit zwischen den Jahren im Gepäck können wir achtsam und respektvoll beginnen, unsere Visionen für uns und für die Welt in der unterstützenden Geborgenheit von Mutter Erde zu nähren. Die Neumondin lädt ein zu tiefer Heilung und Veränderung.
Wir sind eingebunden in ein für(uns)sorgendes Universum. Dem Mysterium von Sonne, Mond, Erde und Sterne können wir uns vertrauensvoll hingeben, sodass endlich Heilung tiefer Wunden geschehen kann. Die Natur schlägt den Rhythmus und singt die Lieder abseits von gut und böse, falsch und richtig. Das Abenteuer des wildweisen Seins beginnt in unseren kühnsten Träumen.
Susann von Wolff schreibt in ihrer aktuellen Zeitqualität über die Herausforderungen und Chancen der besonderen astrologischen Konstellation der kommenden Tage, die in die nahe Zukunft wirken wird.
Die schwarze Göttin, gekrönt mit dem silbern-funkelnden Mondinnen-Zauberhut, lädt mich freundlich-bestimmt ein, hinabzutauchen in den Brunnen meiner Kraftquellen. Sie ruft mir hinterher, meine in sich öffnenden Muscheln ruhende Perlen zu finden und sie aufzufädeln auf eine goldene Schnur. Sie hilft mir, aufzutauchen, mich vorsichtig aufzurichten, die bunte Kette anzulegen und in meiner Schönheit für die Erde zu stehen.
Wenn im Außen wenig zu klappen scheint, sich Unzufriedenheit einschleichen und Ungeduld breit machen will, lohnt ein Blick in den klaren Nachthimmel. Sternschnuppen laden ein zum Wünschen, und mit der schwindenden Mondin ist das vertrauensvolle Loslassen einfacher als das angstvolle Festhalten. Was bleibt, ist, für die Fülle, Freude und Sinnlichkeit Platz zu schaffen.
Das Lächeln der Vollmondin entwischt dem distanzierten Kamerablick, die Unterhaltung der Rotkehlchen entzieht sich der distanzlosen Teilen-Funktion. Respektvolles Schauen, Hören, Staunen halten den passenden Abstand fernab ersonnener Regeln.
„Mit allen Sinnen be-greifen“ lässt sich in seiner ungeahnten Vielfalt erproben. Dabei offenbaren sich Geschichten über das Land und die, die auf, mit und in ihm leben, die etwa nur die geheimnisvolle Mondin und das kleine Rotkehlchen zu erzählen wissen. Selbst wenn diese Geschichten nicht gleich zu verstehen sind, finden sie ihren Platz im Gedächtnis unserer Körper. Mag sein, dass sie uns auch erinnern an fast Vergessenes im reichen Schatz unserer ureigenen und gemeinsamen inneren Weisheits-Bibliotheken.