Geschenke ohne Harmonie-Guss

Wir haben mit den Geistern der Wintersonnwende gelacht und gesungen. Leise, denn die Stille wollte sich ausbreiten in uns und um uns herum. Wir haben das Helle begrüßt und der Dunkelheit gedankt. Wir haben unser kleines Licht wieder-entdeckt und etwas davon in die Welt geschickt. Die Geschenke mögen mich durch Weihnachten tragen, mich nicht bange machen lassen vor der unerfüllten Sehnsucht, der auf ein unbestimmtes Morgen vertröstenden Hoffnung, dem klebrigen Harmonie-Guss und dem schmerzvollen Korsett der Christnacht-Friedlichkeit. Nicht beirren lassen von dem ewigen Retter – von wem, vor wem, von was eigentlich?

Das kleine Licht möge leuchten und wachsen und wir im besten Fall die Gemeinschaft ehren und nähren, die uns dieser Tage begegnet, begleitet, umgibt.

Gestaltwandel

Wild und närrisch durch die dunkle Zeit

Sankt Martin trifft die Närrin.

„Du hast einen schönen warmen Mantel“, sagt die Närrin.

„Du trägst ein herrlich buntes Gewand“, erwidert Sankt Martin.

„Lass uns tauschen!“, ruft die Närrin.

Und schon legt sie sich den Mantel über und wirft Martin ihren Rock zu.

Der heilige Mann springt vom Pferd und tanzt ausgelassen mit der wilden Frau,

bis diese ganz ernst wird und besinnlich dreinschaut.

Sankt Martin beginnt lauthals zu lachen, und die Närrin lacht mit.

Gestaltwandelnd tauchen sie ein in mythische Zeiten, in denen alles möglich war.

Träumend überschreiten sie Grenzen, hinter denen alles richtig ist.

Frei betreten sie einen Raum zwischen den Welten, in dem sie alles verstehen können.

Was war, was ist und was sein wird verschmilzt,

Ordnung und Chaos wirbeln verrückt durcheinander.

Eine Krähe schnappt sich von der Bühne eine rote Pappnase

und torkelt als Clown in die nächste Kneipe.

Der Löwe brüllt für das Sein

Die Schnitterin geht über die Wiese und schneidet die Heilkräuter. Auf dem Feld holt sie die erste Ernte ein. Die Sense, die sie führt, bringt den Tod, der das Leben nährt. Ohne den klaren Schnitt verderben die herangereiften Früchte. Ein heißer Sommerwind wirbelt die Blätter auf, die ausgedörrt auf dem trockenen Boden liegen. Die Angst vor der Veränderung will sich von den Köpfen in unsere Körper ausbreiten. „Ich feiere das Leben“, brüllt der Löwe dazwischen, „weil ich genau dazu auf der Erde bin!“ Wie die Schnitterin nimmt er das, was ist und das, was er braucht. Nicht weniger, nicht mehr, in klarer Entschiedenheit.

Entschiedenheit heißt weder für die Schnitterin noch für den Löwen, mit Scheuklappen, nur die eigenen Interessen im Blick, über die Erde zu wüten. Entschiedenheit heißt für sie, sich für das Sein zu entscheiden. Der Löwe in jeder und jedem von uns sagt majetätisch: „Ich bin“ und gibt sich dem in unerschütterlichem Optimismus hin. Egal, wer oder was du sonst noch bist. Und egal, ob du im Moment überhaupt weißt, wer du bist.

Es ist genug

Sommersonnwend-Energie

Sommersonnwende, alles ist da. Auch all unsere Schmerzen und das klare Nein zu all dem, was die Erde, die Tiere, Pflanzen und Menschen verletzt, bedroht, missachtet. Licht und Dunkel begegnen sich. Wir feiern die Fülle und schreien unsere Wut hinaus. Es ist genug.

Tanz mit dem Feuer

Die Nacht zum ersten Mai, das ist Beltane, das Fest des leuchtenden Feuers. Des eigenen leuchtenden Feuers, des Feuers der Sonne, des Feuers der Erde und des Feuers der Liebe, die alles und alle verbindet. Was die Kirche zum Hexentreiben mit dem Teufel gemacht hat, ist der leidenschaftliche Tanz der schöpferischen wilden Frauen mit den Kräften der Erde.

Dieser Tanz kann auf vielerlei Arten getanzt werden: wild oder langsam, stürmisch oder vorsichtig, nach innen gewandt oder nach außen explodierend, allein oder in der Gemeinschaft. Immer ist es ein Tanz des Körpers. Er steht im Mittelpunkt, wird genährt, verwöhnt, geweckt, gestreichelt, gespürt, geliebt. Und immer ist es ein Tanz, der die eigenen Grenzen und Möglichkeiten beachtet. Liebe beginnt mit der Liebe zu sich selbst, hört damit nicht auf und führt zu einem Tanz mit dem Feuer der Veränderung.


Leg dich in die Wiese und stell dir vor, das Feuer der Erde weckt jede deiner Zellen.

Spring mit vertrauten Menschen übers Feuer und wünsche dir für dich, deine Liebsten, die Welt ein paar Sterne vom Himmel.

Tanze, trommele, singe aus vollem Herzen.

Lass dich massieren und schenke den Zauber der liebevollen Berührung anderen.

Koche dir und/oder Freundinnen etwas Leckeres und danke dem Universum für all die Zutaten.

Gehe zu einem Platz in der Natur und schreie deine Wut hinaus.

Gehe zu einem Platz in der Natur und verbinde deinen Körper mit dem Körper der Erde.

All das kannst du ausprobieren im Laufe des Monats Mai – auch, wenn du ein Mann bist. Schau, wie du dich selbst immer mehr spürst und mit deiner Feuerenergie in Schönheit in die Welt gehen kannst.

Das Löwenmäulchen entfaltet seine Blüte in ihrer vollen Pracht.