Lieber Narr als König

Der Ahorn zeigt mir eine lange Nase. Mich bekommst du nicht zu fassen. Ich bin schnell wie der Wind und frei wie das Licht. In Zeiten lähmender Schwere und übermäßiger Ernsthaftigkeit mag es gut tun, sich auf diesen weit verbreiteten heiteren Burschen aus der Baumwelt einzulassen.

Die Listen mythischer Bäume müssen ohne ihn auskommen. Mit heiligen Zaubersprüchen und tiefgründiger Symbolik hat der Ahorn nichts am Hut. Das König-Sein überlässt er seinen stolzen Verwandten, die Rolle des Narren gefällt ihm besser. Denn der Narr kann auch Unbequemes aussprechen, ohne um sein Leben oder zumindest seinen Ruf zu fürchten. Der Ahorn ist ein Spieler mit Formen und Farben, frech und unbekümmert. Und wer spielt, kommt manchmal zu überraschenden Neugestaltungen, die nie hätten geplant werden können.

Großzügig ist der Ahorn ganz nebenbei und ohne einen Preis zu verlangen. Seine Blätter sind Nahrung für Mensch und Tier und geben einen guten Kompost. In Zeiten der Not wurde aus dem Wasser des Berg-Ahorns Zuckersaft gewonnen. Der Ahornsirup heute wird aus dem Saft des kanadischen Zucker-Ahorns gewonnen.

Den Blättern wird eine kühlende Wirkung zugeschrieben. Als Heilmittel eingesetzt, helfen sie zum Beispiel bei Schwellungen, Gelenkentzündungen, Insektenstichen und Fieber.

Das Leben leben

Die Sumpdotterblume offenbart jetzt ihre Strahlkraft.

Meine Weisheit umarmt den Schatten.

Springt mit ihm hinaus ins Leben.

Das ist, was es ist.

Dem ich begegne in Liebe.

Die nichts ausschließt.

Verkehrte Welt

Wenn du meinst, du lebt in einer verkehrten Welt und die passende allmählich zu erahnen ist,

wenn dein Verstand dein Herz verschließen will und dein Herz selbst „öffne dich“ flüstert,

wenn Enge deinen Körper bedrängt und dein weiter Schritt dich zu befreien sucht,

wenn das Außen dich aufzuzehren droht und du um deine Kraftquelle im Innern weißt,

dann kann es gut sein, dass du diesen Irrsinn einigermaßen unbeschadet durch dich hindurchfließen lassen kannst.

Ich denke an einen Aufruf der Hopi:

Da ist ein Fluss,
der fließt jetzt sehr schnell.
Er ist so mächtig und reißend,
dass einige Angst haben werden.
Sie werden versuchen sich am Ufer festzuhalten
und werden fühlen, daß sie zerrissen werden.
Und sie werden beträchtlich leiden.

Wisse, dass der Fluss seine Bestimmung hat.
Die Ältesten sagen,
wir müssen vom Ufer loslassen
und in die Mitte des Flusses stoßen,
unsere Augen offenhalten
und unsere Köpfe über dem Wasser.

Und sie sagen:

Schaue, wer da mit dir ist und feiere.
In dieser Zeit der Geschichte
dürfen wir nichts persönlich nehmen,
am allerwenigsten uns selbst.
Denn in dem Moment, wo wir dies tun,
kommt unser inneres Wachstum
und unsere Reise zum Stillstand.

Die Zeit des einsamen Wolfes ist vorbei.

Kommt zusammen, verbannt das Wort „Mühsal“
aus eurer Haltung und eurem Vokabular.
Alles was wir jetzt tun,
muss auf eine heilige Art und Weise
getan werden und im Feiern.

Wir sind die, auf die wir gewartet haben.

Mit Kali auf dem Zaun reiten

Traurig, wütend, fassungslos, verwirrt – bin ich, abwechselnd, immer mal wieder. Hinter, über, unter, in mir kichert – die Hexe gemeinsam mit den Krähen. Die Zaunreiterin balanciert einigermaßen sicher auf ihrem schmalen Grat durch sichtbare und verborgene Welten, sowohl die eine als auch die andere Seite im Blick. Die Krähen kennen die Gesetze, die Hexe in mir ahnt sie oft nur. Und manchmal spüre ich sie in meinem Körper und meinem Herzen. Dann weiß ich um sie. Voller Freude, im tiefen Gefühl der Verbundenheit. Alles, was spalten will, verliert seine Macht. Ich bin offen in mir und für die Welt, die wir Erdenwesen in so vielen Facetten mitgestalten.

All die Fragen, die mich umtreiben, haben durch die Zaunreiterin, die sich nicht einfangen lässt, die Chance, eine Antwort zu bekommen – unabhängig von Sachzwängen, mir meiner Ängste bewusst, in großem Respekt vor allem und für alles, was ist:

Was heißt Frieden?

Wie können wir weiter miteinander kommunizieren?

Was bedeutet es, in Verbundenheit zu leben?

Wann sind wir frei?

Welche Energien wollen wir nähren?

Welcher ist mein, unser Weg der Heilung?

Eine Frage begleitet mich dabei wie ein roter Faden – nicht zuletzt um meiner Trauer, meiner Wut, meiner Fassungslosigkeit und Verwirrtheit den gebührenden Platz einzuräumen:

Kann ich Kali in die Augen schauen, die für den Tod tanzt, weil es ohne diesen kein Leben gibt?

* Mehr über Kali erfahren kannst du zum Beispiel auf der Webseite artedea.net/kali/

Reiher-Weisheit

Ruhe bewahren

Manchmal ist es von Vorteil, abzuwarten und die eigene Balance zu halten. Der Reiher ist ein Meister in dieser Kunst. Das Verstehen erwächst aus der Stille, in der sich die eigene Stimme Gehör verschaffen kann. Der Reiher, der mir begegnet, steht unerschütterlich auf einem Bein, nichts bringt ihn auf, er ist geschützt auf einem hohen Ast abseits des Welten-Lärms. Erst, wenn er das wahrnimmt, was er braucht, wird er sich bewegen. Entschieden und klar. So lehrt er uns, schnell, schlau, kreativ und nicht zu laut zu sein.

Neue Botschaften für den Kopf

„Das Kommende lässt sich nicht sagen. Erst, wenn es da ist, findet es die Sprache, sich selbst zu benennen“, sagte einmal die weise Schamanin Ute Schiran. Unser Gehirn ist auf vielerlei Arten mit unseren anderen Körperteilen verbunden. Vielleicht steht es an, dem Verstand vom Bauch und vom Schoß, von den Augen und den Händen, von der Leber und der Galle neue Signale zu schicken, die er zur gegebenen Zeit übersetzen kann. Also lernen wir jetzt, da der Worte zuviel und zu wenig sind, unseren Körper besser kennen. Was wünscht sich das Herz, welche Bedürfnisse hat der Darm, was tut den Füßen gut. Was bringt unsere Hüften zum schwingen und unsere Nase zum sich öffnen. Wie lachen unsere Augen und schmeckt unser Mund…

Lachen, fauchen, genießen

Die Schafgarbe erhebt sich stolz und strahlend in großer Gemeinschaft. Die Esche steht unerschütterlich in sattgrüner Wiese. Die feinen Flügel der Hummel glänzen im Licht der Sonne. Das Rotkehlchen hüpft neugierig durch die Küche und schaut mich fragend an. Dies sind Begegnungen eines Vormittags, klein und bedeutend, die mich heraus und hinauf tragen. Ich sehe die Welt so von einem besonderen Über-Blickpunkt. Es ist Hoch-Sommer, Zeit der Löwin. Stark, wild, frei kennt und genießt sie die Geschenke der Erde. Und schützt sie mit einem leisen Knurren, einem lauten Fauchen oder einem ansteckenden Lachen.

Löschkultur

Die Amsel zwitschert, tönt, unterhält sich, kommuniziert von erhobener Position im Innenhof. Für mich ist es die Amsel, nicht mehr nur irgendeine Amsel, weil ich ihr seit Tagen zuhöre und sie mir vertraut geworden ist. Unbeschwert, leicht, ausgelassen, erregt: Mit Worten aus meinem begrenzten menschlichen Beschreibungsschatz deute ich ihre Laute. Im Grunde genommen weiß ich nichts. Heute zum Beispiel frage ich mich, ob es unter den Amseln auch Korrektheits-Deuter*innen gibt, also solche, die sie loben für oder sich aufregen über das, was sie mitzuteilen hat oder was gerade so aus ihr heraussprudelt. Der Gedanke, es könnte so sein, kommt mir völlig abwegig vor. Löschkultur bei Amseln? Eine Amsel ist eine Amsel ist eine Amsel… Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch… bevor er in Schubladen eingeordnet wird. Sich zu unterhalten, zu kommunizieren ist von dort aus kaum mehr möglich.

Frühlingswärme, Winterkälte

Wie die frischen Blätter und Blüten der Lärche will sich das Neue zeigen, sehr zaghaft in diesem Jahr. Die Kräfte der Frühlingswärme und die der Winterkälte ringen lange miteinander. Behutsam abwarten, gewaltig explodieren. Sich besinnen, losstarten. Nicht zu laut sein, sichtbar werden. Demütig, mutig. Träumen, tun. Das Hin und Her, das Entweder-oder ist maßlos anstrengend. Da meldet sich das Sowohl-als-auch. Der entscheidende Impuls kommt nicht nur für die Lärchenblätter im universellen Finden der Balance.